Vorwort:
Vor einigen Tagen ist mir bei einem Spaziergang im Wald eine kleine blaue Blume aufgefallen. Ein einzelnes Vergissmeinnicht stand vor einem moosbedeckten Baum. Diese hübschen Blumen haben in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Bedeutungen. Meistens werden sie als Zeichen der ewigen Liebe, Trauer, Treue, Erinnerung angesehen. Ein einzelnes kleines zartes Blümchen vor einem großen, mit Moos bedeckten Baum. Einfach wunderschön. Mir hat die Blume und die Bedeutung so gut gefallen, dass ich beschlossen habe, einen Text zu schreiben. Es hat mich gewundert, dass eine einzelne Blume vor einem einzelnen Baum steht, denn normalerweise wachsen sie in kleinen Gruppen. Der Text handelt von der tiefen Trauer Hinterbliebener nach dem Tod geliebter Menschen. Beim Schreiben wurden meine eigenen schmerzhaften Verluste aus der Vergangenheit ungewollt wieder emotional aufgewühlt. Mir ging es während des Schreibens nicht gut und es sind viele Tränen geflossen. Gefühle wie den Verlust eines geliebten Menschen sind etwas sehr Schlimmes. Viele von uns kennen dieses fast unerträgliche Gefühl. Der Text ist eine Botschaft von mir in die Welt. Er soll ausdrücken, dass besonders die schmerzhaften Verluste von Menschenleben in dieser aufwühlenden Zeit für viele unerträglich sind. Wir dürfen diese Menschen nicht vergessen.
Vergissmeinnicht:
Verschlungene Arme verbinden zwei Individuen, die zusammen wahres Glück finden. Sanft, ganz liebevoll streichelt er ihre Hand, während sie in der Ruhe des Waldes ihr inneres Gleichgewicht fand. Wie oft zuvor gingen Sie dicht umschlungen, sie sind emotional stark miteinander verbunden. Tief ist die Dankbarkeit, dass die Liebe sie fand, denn sie verbindet ein unzerstörbares Band. Immer gewiss, dass ein besonderer Mensch an ihrer Seite ist. Freudestrahlend gehen sie ein paar Schritte gemeinsam voran, während man die tiefe Freude des Moments in den Augen von ihnen sehen kann. Bäume ziehen vorbei, die Stille des Moments gehört nur den Zweien. Viele solche Augenblicke hat es auf diesem Waldweg schon gegeben, immer wieder möchten Sie die Tiefe ihrer Liebe erneut erleben. Lächelnd sieht er sie an, während er auch ihr empfundenes Glück in sich spüren kann. Minuten der kostbaren Zweisamkeit ziehen an ihnen vorbei, gemeinsam spüren sie keine Einsamkeit. Ein leichter Wind weht über den Baumkronen hoch oben, dort, wo viele Vögel wohnen. Raschelnde Blätter begleiten zahlreiche Schritte, zart berührt sie während eines stillen Moments seine Wange mit ihren Lippen. Intuitiv spüren sie die Sehnsüchte voneinander, denn sie gehören zusammen. Die gemeinsamen Minuten fühlen sich in Momenten der verschmolzenen Gemeinsamkeit schwerelos an, es scheint, dass nichts sie auseinanderbringen kann. Er flüstert „Ich liebe dich“ und schaut sie verträumt an. Unwirklich scheint es, wie glücklich er mit ihr an seiner Seite sein kann. Ihr Weg durch den Wald führt einen schmalen Weg entlang, den sie oft gemeinsam mit ihrem Liebsten gehen kann. Gedankenversunken setzt sie einen Fuß vor den anderen, während ihre Blicke zögernd zur Seite wandern. Etwas hat ihr unbedecktes Bein berührt, weshalb sie ein leichtes Kitzeln verspürt. Das Interesse an dem leichten Kitzeln vergeht schnell, etwas anderes Blaues und Gelbes berührt ihre Wahrnehmung visuell. Eine einzelne Blume mit dem Namen „Vergissmeinnicht“ steht dicht vor einem Baum, dabei beansprucht sie nur ein wenig von dem begrenzten Raum. Diese schönen Blumen stehen eigentlich mit anderen vereint, doch ein einzelnes schönes Exemplar steht ganz allein da. Mit ihren blauen und gelben Farben verziert sie den so eintönig braunen Baumstamm. Die Schlichtheit ihrer kleinen, fast zerbrechlich wirkenden Blüten sind ein wahrer Blickfang. Die gelben Akzente sind so fein, sie können für manche Augen sogar unsichtbar sein. Ganz in der Mitte des zarten Blümchens ist ein gelber Punkt zu sehen, doch dafür muss man wirklich genau hinsehen. Immer wenn sie künftig an dieser Stelle des Waldes Arm in Arm vorbeigehen, müssen sie kurz zur blauen, gelben Blume hinübersehen. Sie erfreuen sich dann daran, dass diese Blume gemeinsam mit dem Baum an diesem Ort stehen kann. Zusammen verbringen sie ihre Zeit, es gibt nichts Schöneres für die beiden als intime Zweisamkeit.
Eines Morgens erwacht er nach einer schlaflosen Nacht, die Nachricht von gestern hat ihn um den wichtigen Schlaf gebracht. Die verstummte Sonne seines Gemüts wurde zu einem ernsten, sorgenvollen Blick. Freude ist in der Furcht vor der Zukunft erstickt. Seine Augenbrauen sind innen deutlich nach oben gezogen, seine Zuversicht ist längst verflogen. Hoffnungslos blickt ein Gesicht, das von Sorgen und Furcht vor der Zukunft gezeichnet ist. Er kann die Blicke nicht von ihrem ruhig schlafenden Körper abwenden, denn er möchte keine der verbleibenden Sekunden gemeinsam mit ihr verschwenden. Während traurige Augen nachdenklich auf sie gerichtet sind, kann er sehen, wie ihre Augen langsam aufgehen. Den durchdringenden, starren Blick kann sie bis jetzt nicht verstehen. Sorgenvoll fragt ihre leise Stimme, warum sein Blick so traurig ist, während er in diesem Augenblick die richtigen Worte vergisst. Blaue und gelbe Farben in Blut getränkt. Das Potenzial zahlreicher Leben aus Macht und Gier verschenkt. Der Gedanke daran, von ihr weggehen zu müssen, quält ihn, denn er möchte seine Liebste lebendig wiedersehen. Ihnen wird die gemeinsame Zeit geraubt, mögliche Momente des Glücks zerfallen zu Staub. Die Worte „Ich muss gehen und weiß nicht, ob wir uns je wiedersehen „ hallen durch den stummen Raum. Es ist grausame Realität und kein schlechter Traum. Schockierte Blicke wandern ziellos umher, die Fassung zu finden fällt ihr in diesem Moment sichtlich schwer. Tage voller tobender Fragen vergehen, es plagt sie der Gedanke, ob sie sich jemals wiedersehen. Seine Augen richtet er auf den Boden, als ihn beim Abschied tiefe Trennungsschmerzen einholen.
Im Ringen um wenige Meter Land zahlen Menschen den höchstmöglichen Preis, aus Gier und Macht raubt man ihnen die kostbare Lebenszeit. Stimmen, die für immer verstummen, während Angehörige in Verzweiflung gehüllte Lieder der tiefsten Trauer summen. Nicht einmal bitteres Flehen hilft ihnen dabei, an diesem kalten Ort zu überleben, denn Menschlichkeit können Waffen nicht verstehen. Gnadenlos ist der in Blut getränkte Ort, die Menschlichkeit ging mit den fliehenden Menschen von hier fort. In Schutt und Asche ist ein zerstörtes Land gefangen, die Freude unzählbarer Hinterbliebener ist mit dem Ableben ihrer Liebsten für lange Zeit vergangen. Durch einen Einschlag einer tödlichen Waffe wird ihr Leben zur schmerzhaften realen Metapher. Als das Leben in seinem Körper erlischt, denkt er längst nicht mehr an sich. Er möchte so gerne jetzt bei ihr sein, doch während diesem letzten Wunsch ist er ganz allein. Nie wieder wird der Wunsch je erfüllbar sein. Wiedervereint gehen sie in seinen letzten Gedanken gemeinsam durch den Wald, während dieser letzten Minuten wird sein Körper kalt. Niemand hört, wie sein letzter Atemzug leise durch die leeren, zerstörten Häuser hallt, gefallen in sinnloser, brutaler Gewalt. In der Ferne ahnt sie noch nicht, welche große verzweifelte Trauer bald über sie hereinbricht. Die Nachricht über seinen Tod wiegt so schwer, ihre Füße tragen ihren Körper nicht mehr. Haltlos sinken ihre vom Verlust zerschmetterten Beine zu Boden, nicht einmal ihre letzten Kraftreserven können sie im Augenblick der Nachricht aus ihrem Schmerz herausholen. Sie spürt in diesen so kalten Tagen nichts anderes als Schmerz, es klafft nun ein großes Loch in ihrem Herz. Seit Tagen hat sie nichts mehr gegessen, sogar ihr Hungergefühl hat sie vor Schmerz vergessen. Egal, wie weit entfernt er war, es war immer ein Gefühl der tiefen Verbundenheit in ihr da. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen hat sie getragen, jetzt musste sie einen Sarg begraben. Sie steht vor seinem Grab und spürt, wie die Leere sie in tiefe Traurigkeit gehüllt hat. Nichts ist mehr, wie es einst war, denn ein Teil von ihr ist nicht mehr da. Tränen fluten ein von Schmerzen verzerrten Gesicht, während ein Schrei der Verzweiflung aus ihr herausbricht. Sie wollte ein Wiedersehen, auch wenn sie für einige Zeit verschiedene Wege gehen. Nun muss sie einem Sarg beim Versinken in der Erde zusehen. Nicht einmal die Gewissheit, dass er irgendwo lebendig auf eine baldige Rückkehr hofft, ist ihr geblieben, er muss für immer in der kalten Erde liegen. Ihre Liebe kann trotz des Todes nicht versiegen, sie kann nicht aufhören, ihn zu lieben. Unaufhaltsam sucht das gewaltsam zerschnittene Band ihrer Verbindung seine emotionale Nähe, doch in ihr klafft nur noch unerträgliche Leere. Sie möchte nicht begreifen, dass sie ihn nie wiedersehen kann. Aus Verzweiflung wird Sehnsucht zu Zwang. Innerlich taub vor Traurigkeit geht sie keinen einzigen Schritt voran. Einst hat seine Liebe auch sie getragen, jetzt kann sie seinen Verlust nicht ertragen.
Sie spürt, wie eine Hand ihre zusammengezogenen Schultern leicht berührt. Auch mit verschwommenen Augen erkennt sie ein vertrautes Gesicht, das nach einem kurzen Blick zur Seite zu sehen ist. Regungslos wischt sie ihre Tränen unterlaufenen Augen mit einem bereits nassen Taschentuch ab, während sie ein gequältes, unechtes, kaum sichtbares Lächeln in ihrem Gesicht erzeugt hat. Eine Stimme flüstert aufmunternd gemeinte Worte, deren Bedeutung ihr in Traurigkeit gehülltes Gemüt nicht hört. Starr wirken ihre Augen, während sie ins scheinbare Nichts blickt, während lebendige Regungen in tiefer Trauer ersticken. Müde Augen schauen erneut zu seinem Grab, währenddessen lassen die Hände von ihren Schultern langsam nach. Den Trost von Angehörigen kann sie momentan nicht erreichen, die Wichtigkeit von Nähe kann sie im Schmerz gefangen nicht benennen. Sie möchte keine Last für andere sein, dabei bräuchte ihr gebrochenes Herz jemanden, der ihr einfühlsam zur Seite stehen kann. Ihr Bedürfnis nach Trost sieht sie nicht, die Trauer versperrt die Sicht zu ihrem inneren Ich. Niemanden lässt sie wirklich an sich heran, weil nichts den tiefen Verlust je ersetzen kann. Umringt von Menschen, und doch ist sie einsamer als je zuvor, weil sie das für sie Liebste verlor.
Zitternd hält sie die blau gelbe Blume in der Hand, sie ist ein Zeichen der Liebe, die sie immer verband. Das zarte Blümchen wurde nicht abgerissen, sondern mitsamt einem Teil der Erde und den Wurzeln aus dem Waldboden gehoben. Das Vergissmeinnicht ist mit ihrer Liebe fest verwoben. Zweifellos wird sie das Blümchen am Waldrand während künftiger, einsamer Waldspaziergänge vermissen, die Veränderungen haben sie innerlich zerrissen. Ohne den Mann, den sie liebt, wird der Waldweg nicht mehr derselbe sein, nun soll die Blume auf seinem Grab gedeihen. Als Erinnerung an ein sinnlos genommenes Leben soll diese Blume nun auf seinem Grab stehen.
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