Sie trägt ein Kleid aus Licht
 

Wenn ich Texte schreibe, dann schreibe ich sie nach meinen Gefühlen. Gerne möchte ich euch erklären, was das bedeutet. Manchmal sind es eigene Erfahrungen oder Gefühle, basierend auf Erlebnissen. Ein anderes Mal höre ich Menschen zu, während sie über ihre Erlebnisse und Gefühle sprechen. In all diesen Momenten spüre ich die Emotionen von mir oder von einer anderen Person. In all diesen Momenten spüre ich die Emotionen so sehr in mir, dass ich das Gefühl mit all den Fasteten beschreiben kann. Ich drücke die Emotionen, die ich wahrnehme, so detailliert wie nur möglich in Worten aus.

Vor einiger Zeit habe ich begonnen, einen Text zu schreiben, der den Namen „Sie trägt ein Kleid aus Licht“ tragen wird. In diesem Text soll es um Unsicherheit gehen. Eigentlich habe ich mich nie für einen unsicheren Menschen gehalten, also habe ich begonnen, mich mit Menschen zu unterhalten und Berichte von Menschen zu lesen, anzuhören. Je mehr ich mich mit dem Thema Unsicherheit beschäftigt habe, umso deutlicher wurde ich mit meiner eigenen Unsicherheit konfrontiert. Darauf war ich emotional nicht gut vorbereitet, es klingt seltsam, aber ich war darauf nicht vorbereitet. Zugegeben, ich empfinde es selbst als eigenartig, dass ich nicht darauf vorbereitet war. Immerhin schreibe ich über Gefühle und Wahrnehmungen. Es ist normal für mich, intensive Gefühle wahrzunehmen und zu verarbeiten. In diesen intensiven Momenten drücke ich diese Gefühle in Worten aus. Aber das Thema Unsicherheit hat mich innerlich etwas aus dem Gleichgewicht gebracht. Da war dieses intensive Gefühl, das ich nicht immer gleich einordnen konnte. Im einen Moment ist es mir gelungen, positiv und zufrieden in den Tag hineinzugehen, und im nächsten Moment habe ich an meinen positiven Eigenschaften und mir gezweifelt. Unter der Unbeständigkeit habe ich ein paar Tage lang wirklich gelitten. Mittlerweile geht es mir wieder gut. Niemand muss sich Sorgen um mich machen. Sich in Gefühle, Personen, mit viel Empathie einfühlen zu können, ist eine Fähigkeit, aber diese Gabe hat auch eine Schattenseite. Manchmal überwältigen mich diese intensiven Gefühle, und es ist nicht immer einfach, mit all diesen Wahrnehmungen umzugehen. Dann gibt es Momente wie in diesem Beispiel der Unsicherheit, wo ich die Emotionen so intensiv wahrnehme, dass sie mich selbst blockieren und negativ beeinflussen.

Es gab in der letzten Zeit noch einen Moment, in dem ich unter meiner starken Empathie gelitten habe. Vor einiger Zeit gab es diese schrecklichen Bilder von der getöteten Mutter und ihren beiden getöteten Kindern. Leider sterben in dieser schrecklichen Zeiten so viele Menschen, in vielen Ländern. Normalerweise habe ich gelernt, mich ein klein bisschen emotional von diesen schrecklichen Verbrechen zu distanzieren. Nicht weil es mir egal ist, sondern weil ich sonst so sehr mitfühle, dass ich selbst stark darunter leide. Irgendwann habe ich begriffen, dass ich mich nicht nur um die Bedürfnisse von anderen Menschen kümmern muss, sondern auch um meine eigenen. Wir sind alle Menschen. Niemand von uns kann diesen Fakt abstreiten. Jeder Mensch hat Bedürfnisse. Auch ich. Als ich das begriffen habe, wurde mir klar, dass ich nicht selbst an dem Schrecken dieser Zeit zerbrechen darf. Aber auch das funktioniert nicht immer. Die Bilder der getöteten Mutter und ihrer Kinder waren überall in den Nachrichten präsent. Man konnte diesen Bildern nicht entkommen. Es ist wichtig, dass diese Bilder der Welt gezeigt werden, denn die begangenen Verbrechen dürfen nicht verschwiegen werden. Aber besonders das Foto des getöteten Babys war unvorstellbar schmerzhaft für mich. In einem Bericht wurde erzählt, dass dieses unschuldige Baby von diesen Verbrechern mit bloßen Händen ermordet wurde. Es macht mich immer noch fassungslos, wie grausam Menschen sein können. Es waren einfach nur unschuldige Kinder. In den darauffolgenden Nächten hatte ich extrem gewalttätige, schreckliche Albträume. Die Albträume kamen immer wieder und die Bilder haben mich nicht losgelassen.

In solchen Momenten komme ich mit meinem Mitgefühl und meiner Art, die Welt zu betrachten, in innere große Not. Für einen sehr empathischen Menschen sind solche Grausamkeiten kaum erträglich. In dieser Nacht hat es mir besonders stark gefehlt, einen Mann neben mir im Bett liegen zu haben, an den ich mich ankuscheln kann. Jemand, der mich umarmt und mir ins Ohr flüstert „Ich bin da“. Dessen Wärme und Nähe, die Kälte der Welt, die ich in meinem Inneren momentan spüre, ein wenig ausgleichen kann. Wir sind alle nur Menschen. Die Nähe zu den Menschen, die wir lieben, schenkt einem mitfühlenden Menschen ungeahnte Kräfte in schweren Zeiten. Umso schwerer ist es, wenn genau das fehlt.

Stattdessen habe ich versucht, die Augen wieder zu schließen. Normalerweise besitze ich nicht die Fähigkeit für Klarträumen. Es ist mir also nicht möglich, an derselben Stelle im Traum nach dem Aufwachen weiter zu träumen. Doch in dieser Nacht war es anders. 3. Mal habe ich die Augen geschlossen, in der Hoffnung, schönere Bilder sehen zu können, und jedes Mal waren wieder dieselben grausamen Bilder vor meinen träumenden Augen zu sehen. Es ist kaum in Worte zu fassen, wie froh ich bin, nach 2 Nächten diese Albträume loslassen zu können. Aber für viele Menschen da draußen ist das kein Albtraum, während sie in einem warmen Bett liegen, sondern bittere Realität. In solchen Momenten ist es schwer für mich, mein eigenes Licht und die Wirkung meines Wirkens wahrzunehmen. Genau um dieses Gefühl wird der Text „Sie trägt ein Kleid aus Licht“ nun tatsächlich gehen.

Während ich den Text geschrieben habe, wurde das Thema der Unsicherheit mit der aktuellen politischen Situation gemischt. Es geht also um das Gefühl, das so viele Menschen momentan kennen. Das Gefühl, dass unser eigenes kleines Licht diese große Dunkelheit der Welt viel zu wenig erhellen kann. Aber es geht auch darum, dass viele Lichter vereint ein viel helleres Licht bilden können. An dieser Stelle hoffe ich, dass die Menschen endlich verstehen, wie wichtig es ist, sich nicht in kleinen Grüppchen zu unterteilen. Wir müssen alle zusammenhalten. Egal, welche Herkunft, Religion, es reicht nicht aus, ein Wir nur als Grüppchen unter vermeintlich gleichen Personen zu verstehen. Die Zeit ist reif für ein Wir, das alle mitfühlenden, empathischen Menschen beinhaltet. Egal, welche Sprache sie sprechen, Religion sie haben oder Herkunft sie in ihrem Pass stehen haben. Nur ein Wir, das uns alle vereint zeigt, ist hell genug, um die Dunkelheit zu vertreiben. Aber die Menschen sind zu sehr damit beschäftigt, auf die Unterschiede zu achten, dass sie diese Chance verpassen. In der letzten Zeit habe ich mich oft gefragt: Wo ist ein echtes Wir? Ich frage dich, wo ist ein Wir, das alle empathischen, mitfühlenden Menschen beinhaltet. Auch diejenigen, die einen anderen Pass haben? Seht ihr alle nicht, wie ihr euch in euren eigenen Grüppchen selbst isoliert? Könnt ihr nicht begreifen, dass genau dieses Verhalten dazu beiträgt, die Dunkelheit weiterzuverbreiten? Aber in diesen unruhigen Zeiten werde ich die Antwort auf diese Fragen nie erhalten.
 

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